Saatgutvermehrung im Gartenkreislauf
In der Natur läuft alles in Kreisläufen ab. Diese Kreisläufe sind faszinierend in ihrer Perfektion. Ein ständiger Aufbau und Abbau, Leben und Vergehen. Wobei es nie beim Vergehen bleibt. Das Vergangene ist immer wieder Grundlage für neues Wachstum.
Auch wenn unsere Gärten mit der unberührten Natur meist herzlich wenig zu tun haben – wo gibt es die überhaupt noch bei uns? – können wir diese Kreisläufe doch in unseren Gärten nutzen. Dann können wir, die Natur und das Klima profitieren.
Die Vermehrung von Saatgut ist ein gutes Beispiel, wie wir solche natürlichen Kreisläufe in unserem Garten nutzen können. Das großartige daran ist, dass du auch ohne großen Garten und viel Gartenerfahrung Saatgut vermehren kannst.
Pflanzen entstehen aus Samen, wachsen heran und bilden schließlich selbst wieder Samen, um sich zu vermehren. Wenn wir nun die Samen, die unsere Pflanzen ohnehin bilden, verwenden, um weiter Gemüse oder Blumen anzubauen, hat das viele positive Auswirkungen.
Warum selbst Saatgut vermehren
- Sortenerhalt:
Es gibt besonders bei Gemüse sehr viele alte Sorten, die sich durch Robustheit und besonderen Geschmack auszeichnen, die aber nicht auf maximalen Ertrag gezüchtet sind. Deshalb werden diese Sorten für gewöhnlich nicht im Erwerbsanbau genutzt. Erhalten werden sie oft nur durch wenige engagierte Gärtnernde. Es wäre sehr schade, wenn die Sortenvielfalt und damit viele unterschiedliche Geschmacksrichtungen, optisch besonderen und krankheitsresistenten Gemüse zunehmend verloren gingen, nur weil es nicht lukrativ genug ist. Hier kannst du einen Beitrag leisten, indem du das Saatgut solcher Sorten vermehrst. - Ressourcen sparen:
Indem du selbst Saatgut vermehrst, kannst du in vielerlei Hinsicht Ressourcen sparen. Für die Produktion von Saatgut werden Wasser, landwirtschaftliche Flächen, Verpackung, Transport etc. benötigt. Das angebaute Gemüse wird aber beispielsweise nicht verwendet.
Wenn du im eigenen Garten Saatgut sammelst, sparst du die nötige Infrastruktur und somit einiges an Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß. Zudem kannst du dein angebautes Gemüse verwenden und dich an den Blumen erfreuen. - Perfekt angepasste Pflanzen:
Auch wenn du in deinem Garten vielleicht keine neuen Sorten züchtest, kannst du durch Selektion doch perfekt an deinen Garten angepasste Pflanzen erhalten.
In jeder Region und in jedem Garten herrscht ein etwas anderes (Klein-) Klima. Indem du gezielt Samen von den gesündesten und ertragreichsten Pflanzen nimmst, vermehrst du die Pflanzen, die am besten in genau deinem Garten wachsen und dort den besten Ertrag bringen können. Von Jahr zu Jahr werden sich durch deine Auswahl diese Eigenschaften weiter durchsetzen. Das ist mit gekauftem Saatgut natürlich nicht möglich. - Geld sparen:
Wenn es auch nicht der wichtigste Grund ist, so ist es doch ein guter Grund für die Vermehrung von eigenem Saatgut: es spart auch Geld, nicht jedes Jahr neues Saatgut kaufen zu müssen.
Abschließend lässt sich also sagen, dass eigenes Saatgut eine wunderbare Möglichkeit ist, die Kreisläufe der Natur für dich zu nutzen und dabei der Natur auch noch Gutes zu tun.
Wie Saatgut vermehren
Wie du die Samen von Gemüsepflanzen und Blumen sammelst, hängt in erster Linie von der Art der Pflanzen ab, von der du Saatgut gewinnen willst.
Fruchtgemüse, also Pflanzen, von denen wir die Früchte wie Tomaten, Paprika etc. essen, und Hülsenfrüchte wie Erbsen und Bohnen machen es uns besonders einfach. Im Fruchtgemüse sind die Samen enthalten und leicht zu erreichen. Bei Hülsenfrüchten sind die Samen das, was wir auch essen würden.
Wenn du also Saatgut von diesen Pflanzen nehmen willst, lasse einzelne Früchte ganz ausreifen. Paprika sollten schon überreif sein und Hülsenfrüchte lässt du an der Pflanze hängen, bis die Hülsen ganz trocken sind.
Dann entnimmst du die Samen aus den Pflanzen und lässt sie gut trocknen, bevor du sie verpackst.
Tipp: Bei Tomaten kannst du die Samen mitsamt “Glibber” auf ein Stück Küchenrolle streichen und trocknen lassen. Zum Aussäen kratzt du die Samen entweder ab oder pflanzt das Papier einfach mit ein.
Bei Blattgemüsen, also Gemüsen, von denen wir die Blätter essen – wie Salat und Spinat – aber auch bei Kohlgemüsen oder Karotten, Pastinaken etc. funktioniert die Saatgutgewinnung etwas anders. Auch hier entstehen die Samen aus den Blüten. Normalerweise ernten wir die Gemüse aber vor der Blüte und viele dieser Gemüse blühen erst am Ende der Saison oder im zweiten Jahr. Um hiervon Samen zu sammeln, müssen wir also einzelne Pflanzen stehen lassen und nicht ernten, bis sie blühen und Samen bilden.
Dann gibt es zwei unterschiedliche Ansätze, wie du die Pflanzen vermehren kannst.
- Saatgut sammeln: Pflanzen verblühen lassen und ausgereifte Samen und Samenschoten sammeln, ggf. reinigen und verpacken.
- Selbstaussaat: Pflanzen blühen und versamen lassen (= zulassen, dass sich Saatgut selbst aussät).
Entweder lässt du dazu Pflanzen am Rand des jeweiligen Beetes stehen, so dass die Sämlinge über die Jahre durch die verschiedenen Beete “wandern”. So wachsen die Pflanzen nicht jedes Jahr in den selben Beeten. Das ist sinnvoll, um Schädlingen und Krankheiten vorzubeugen.
Oder du lässt gezielt die gesündesten, kräftigsten Pflanzen blühen und die Sämlinge zunächst an Ort und Stelle wachsen. Im Frühjahr pflanzt du die Jungpflanzen dann dorthin, wo sie weiterwachsen sollen.
Die Selbstaussat hat zwei Vorteile. Zum einen sparst du dir so die Anzucht bzw. die Aussaat. Zum anderen erhältst du so besonders robuste, gesunde Pflanzen.
Bei Blumen funktioniert die Saatgutgewinnung ähnlich. Wenn die Pflanzen verblüht sind, werden aus der Blüte die Samenstände gebildet. Wenn diese ganz trocken sind, kannst du sie sammeln oder – je nach Sorte – durch Selbstaussaat vermehren lassen.