Unkraut im Garten: besser als sein Ruf

Unkraut nennt man die Pflanzen, deren Vorzüge noch nicht erkannt wurden. (Ralph Waldo Emerson)

Ja, das klingt nach einem Spruch aus dem Poesialbum, aber dennoch ist dieser Satz sehr wahr.

In unserem gärtnerischen (Über-) Eifer nennen wir alles, das wir nicht auf den ersten Blick als nützlich oder schön (die Gänseblümchen haben meistens Glück) einschätzen, Unkraut. Im nächsten Moment überlegen wir schon, wie wir es loswerden können, dieses Zeug, das noch nicht einmal die Bezeichnung Kraut verdient hat.

Ich bin aber der Meinung dieses „Unkraut“ ist viel besser als sein Ruf.
Wir sollten uns mit ihm anfreunden, es freundlich in seine Schranken weisen und einen neuen gemeinsamen Weg starten. Einen Weg zu einem naturnäheren Garten, weniger Ärger, mehr Genuss und einer tollen Ernte.

Was all das mit dem Unkraut zu tun hat und wie du das in deinem Garten umsetzen kannst, zeige ich dir im Folgenden.

Inhalt

UNKRAUT ODER BEIKRAUT?

Was ist denn eigentlich dieses „Unkraut“, von dem wir die ganze Zeit reden?

Meist meinen wir mit Unkraut schlichtweg all die Pflanzen, die (im Garten) wachsen, ohne dort beabsichtig und gepflanzt worden zu sein.
Das umfasst also die süßen kleinen Gänseblümchen, den Liebling aller Kinder – den Löwenzahn, genauso wie Brennnesseln, Gundermann, Giersch, Knoblauchsrauke, Ackerschachtelhalm, Hahnenfuß,… Die Liste ist endlos.

Wenn du schon Stunden damit verbracht hast, diese Kandidaten aus deinen Beeten zu zupfen, fragst du dich wahrscheinlich, was an diesen Pflanzen denn nun so toll sein soll.

Auch wenn du es dir vielleicht (noch) nicht vorstellen kannst, gibt es viele gute Gründe, diese ungeplanten Gartenbewohner in deinem Garten zu behalten und dich vielleicht sogar über sie zu freuen.
Viele Unkräuter haben, entgegen unseren Vorurteilen, einen Nutzen im Garten und erst recht im ökologischen Gleichgewicht – ob direkt oder indirekt.

Wenn wir uns das bewusst machen, dürfen wir auch nochmal über einen passenderen Namen für das „Unkraut“ nachdenken. So haben sich beispielsweise Begriffe wie „Beikraut“ oder Kulturbegleitkräuter“ etabliert, die ganz nüchtern beschreiben, worum es geht: Pflanzen, die neben den gezielt kultivierten (also durch uns Menschen angepflanzten) Pflanzen wachsen.

Wenn wir diese Bezeichnungen verwenden, fällt es schon gleich viel leichter, die Vorzüge dieser vielseitigen Pflanzen zu erkennen.

DIE WERTVOLLEN BEIKRÄUTER

  1. Beikräuter sind so wertvoll, da sie die Vielfalt zurückbringen, an der es in unseren schön säuberlich angelegten Gärten mangelt. Denn ein paar Rhododendren, Thujen, Hortensien und Forsythien sind ganz schön einfältig und darüber hinaus ökologisch wenig wertvoll, da sie keine oder wenig Nahrung für Wildtiere bieten.
    Die Natur aber lebt von Vielfalt und braucht diese, um im Gleichgewicht zu bleiben. Dazu gehören eben mehr Pflanzen als die, die wir Menschen nützlich (Gemüse, Obst, Kräuter, Rasen) oder schön (Blumen, Nadelbäume) finden.
  2. Unkräuter haben vielfältigen Nutzen für die Tierwelt, den Gemüsegarten und auch für uns Menschen. Hier nur ein paar Beispiele:
    • Pflanzen stärken & Krankheiten behandeln: Aus einigen Beikräutern lassen sich bewährte Hausmittel gegen Pflanzenkrankheiten oder zur Stärkung der Nutz- und Zierpflanzen herstellen. Geeignet sind zum Beispiel Ackerschachtelhalm, Beinwell, Brennnesseln, Kamille, Rainfarn, Ringelblume und Schafgarbe.
    • Schädlinge vertreiben: Um Schädlinge auf natürliche Art zu abzuwehren, kannst du beispielweise Mittel aus Rainfarn, Ringelblumen oder Schafgarbe nutzen.
    • Düngen: Jauchen aus Unkräutern wie Borretsch, Brennnesseln und Giersch sind gute stickstoffreiche Dünger für Starkzehrer.
    • Essen: Sehr viele der klassischen Unkräuter im Garten sind essbar. Ob als Spinat gekocht, in Suppen, als Pestos, im Salat, im Kräuterquark oder als Deko auf dem Teller – mit Wildkräutern kannst du deinen Speiseplan auf vielfältige Weise abwechslungsreicher gestalten.
    • Insektenfutter: Zu guter Letzt sind viele Wildpflanzen, die in unseren Gärten als Unkraut auftauchen enorm wichtig für die Natur und das ökologische Gleichgewicht. Sie bieten Insekten Nahrung in Form von Pollen, Nektar oder als Raupenfutterpflanze. Damit sind sie die Lebensgrundlage vieler Nützlinge und unter anderem wichtig für den Artenerhalt und die Biodiversität.
      Besonders relevant ist das, weil es einige Insekten gibt, die sehr spezialisiert auf bestimmte Pflanzen sind. Vertreiben wir diese als Unkraut aus unseren Gärten und von den Äckern, bei insgesamt zunehmend weniger wilden Grünflächen, bringen wir das ökologische Gleichgewicht immer mehr in Gefahr.

 

Hättest du gedacht, welch vielfältigen Nutzen diese vermeintlich nervigen Pflanzen in deinem Garten haben?

Deshalb sollten wir ihnen Plätze in unseren Gärten zuzugestehen. Es muss ja nicht direkt im Gemüsebeet sein…

Biene an Kleeblüte

Die Natur lebt von Vielfalt.

WOHIN MIT DEM WILDWUCHS?

So sinnvoll, wichtig und nützlich Beikräuter sind, möchte auch ich, dass die Pflanzen in meinem Gemüsebeet gut wachsen können und dass die Gemüsepflanzen nicht mit den Unkräutern um Nährstoffe, Licht und Platz im Beet konkurrieren müssen.
Es gilt also, Orte zu finden, an denen die wilden Kräuter in Ruhe wachsen dürfen. In den anderen Bereichen des Gartens werden sie eben gejätet, wenn sie stören bzw. an ihren neuen Bestimmungsort versetzt.

Welche Pflanze wo wachsen darf, ist immer auch vom persönlichen Geschmack abhängig. Hier habe ich ein paar Impulse zusammengetragen, wo du deinen Beikräutern Platz einräumen könntest:

  • Die Blühenden: Gänseblümchen, Hahnenfuß, Klee, Taubnesseln, Löwenzahn etc.
    • im Rasen oder Staudenbeet – je nachdem, wo sie wachsen kannst du Inseln von Wildblumen stehen lassen oder deinen Rasen (teilweise) durch eine wilde Wiese ersetzen
    • zwischen Obststräuchern
    • in einem Blühstreifen (ggf. mit weiteren bienenfreundlichen Blumen)
    • in Fugen von Mauern
  • Die weniger dekorativen: Brennnesseln, Giersch, etc.
    • in einer „wilden Ecke“ des Gartens, die Pflanzen und Tieren als Lebensraum überlassen wird
    • unter Hecken, Sträuchern und Bäumen
    • in ungenutzten Ecken, z.B. hinter einem Schuppen, am Kompost,…

Wie du auf den Bildern erahnen kannst, gibt es in unserem Garten mehr als genug Wildwuchs. Es gibt kaum ein unbewachsenes Fleckchen Erde (und das ist auch gut so).

Finde heraus, was für dich und was zu deinem Garten passt. Über noch mehr Ideen freue ich mich.

SO NUTZE ICH DIE BEIKRÄUTER AUS MEINEM GARTEN

Manche der Beikräuter verwende ich bereits regelmäßig. Ich möchte das aber in Zukunft noch mehr nutzen

Bisher mach ich folgendes:

  • Brennnesseln:
    • als Dünger: Jauche und kleingeschnitten ins Pflanzloch der Tomaten
    • Essen: als Spinat ggf. kombiniert mit andern Wildkräutern, in der Gemüsepfanne, kleingeschnitten im Omelett oder im Gemüsekuchen
    • Giersch:
      • als Dünger mit in die Brennnesseljauche (Verhältnis Brennnesseln : Giersch bis zu 1:1)
      • Essen:
    • Gänseblümchen: im Salat, als Deko im Kräuterquark
    • Zitronenmelisse (wächst hier wild überall im Garten):
      • Tomaten-Zitronenmelissen-Butter
      • in der Teemischung oder frisch aufgebrüht als Tee
      • mit Holunderblüten als Sirup
      • Joghurt-Zitronenmelissen-Eis
      • für Geschmack ins Wasser + Zitrone

 

Und es gibt unendlich viele weitere Möglichkeiten, das Unkraut im Garten in der Küche zu verwenden.

Ich hoffe, ich konnte dich ermutigen, das Unkraut in deinem Garten in Zukunft immer wieder aus anderen Augen zu sehen und dich in Zukunft zu fragen, ob es da jetzt wirklich stört oder ob das nur unser lang antrainierter Glaube ist, dass ein Garten unkrautfrei sein muss.

Sicherlich findest auch du Plätze  in deinem Garten, wo die Beikräuter deinen Garten bereichern dürfen. Dafür wirst du schon bald belohnt mit nützlichen Helferlein, schönen Anblicken und leckerem Essen.

Und damit ist auch schon ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zum naturnäheren Garten gemacht.

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