Eigenes Saatgut zu sammeln und zu vermehren klingt im ersten Moment nach einer Menge überflüssiger Arbeit. Schließlich gibt es Saatgut doch inzwischen nicht mehr nur im Garten- und Baumarkt, sondern auch fast in jedem Supermarkt zu kaufen.
Wenn du aber erst einmal angefangen hast, die Samen deiner Pflanzen zu sammeln, wirst du nicht mehr aufhören wollen. Es ist so nachhaltig in vielerlei Hinsicht, spart Geld, macht Spaß und ist ein Schritt zum naturnahen Gärtnern. Und besonders viel Arbeit macht es außerdem auch nicht.
Im folgenden habe ich gute Gründe für die Vermehrung deines Saatguts und Tipps, worauf du achten solltest, zusammengetragen.
Inhalt
SAATGUTVERMEHRUNG IM GARTENKREISLAUF
In der Natur läuft alles in Kreisläufen ab. Diese Kreisläufe sind faszinierend in ihrer Perfektion. Ein ständiger Aufbau und Abbau, Leben und Vergehen. Wobei es nie beim Vergehen bleibt. Das Vergangene ist immer wieder Grundlage für neues Wachstum.
Auch wenn unsere Gärten mit der unberührten Natur meist herzlich wenig zu tun haben – wo gibt es die überhaupt noch bei uns? – können wir diese Kreisläufe doch in unseren Gärten nutzen. Dann können wir, die Natur und das Klima profitieren.
Die Vermehrung von Saatgut ist ein gutes Beispiel, wie wir solche natürlichen Kreisläufe in unserem Garten nutzen können. Das großartige daran ist, dass du auch ohne großen Garten und viel Gartenerfahrung Saatgut vermehren kannst.
Pflanzen entstehen aus Samen, wachsen heran und bilden schließlich selbst wieder Samen, um sich zu vermehren. Wenn wir nun die Samen, die unsere Pflanzen ohnehin bilden, verwenden, um weiter Gemüse oder Blumen anzubauen, hat das viele positive Auswirkungen.
WARUM SELBST SAATGUT SAMMELN
Angesichts des riesigen Angebots an Samen im Internet, in Baumärkten, Supermärkten und Gartencentern stellt sich dir vielleicht die Frage, wieso du überhaupt Saatgut selbst sammeln solltest.
Die kurze Antwort lautet: weil dein eigenes Saatgut wertvoll ist!
Dein eigenes Saatgut ist wertvoll!
Im Sinne des naturnahen und nachhaltigen Gärtnerns gibt es dafür mehrere gute Gründe:
- Sortenerhalt:
Es gibt besonders bei Gemüse sehr viele alte Sorten, die sich durch Robustheit und besonderen Geschmack auszeichnen, die aber nicht auf maximalen Ertrag gezüchtet sind. Deshalb werden diese Sorten für gewöhnlich nicht im Erwerbsanbau genutzt. Erhalten werden sie oft nur durch wenige engagierte Gärtnernde. Es wäre sehr schade, wenn die Sortenvielfalt und damit viele unterschiedliche Geschmacksrichtungen, optisch besonderen und krankheitsresistenten Gemüse zunehmend verloren gingen, nur weil es nicht lukrativ genug ist. Hier kannst du einen Beitrag leisten, indem du das Saatgut solcher Sorten vermehrst.
Außerdem machst du dich so unabhängig von großen Konzernen, die uns mit Patenten und dem Saatgutverkauf an sich binden wollen. - Ressourcen sparen:
Indem du selbst Saatgut vermehrst, kannst du in vielerlei Hinsicht Ressourcen sparen. Für die Produktion von Saatgut werden Wasser, landwirtschaftliche Flächen, Verpackung, Transport etc. benötigt. Das für die professionelle Saatgutgewinnung angebaute Gemüse wird beispielsweise nicht verwendet.
Wenn du im eigenen Garten Saatgut sammelst, sparst du die nötige Infrastruktur und somit einiges an Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß. Zudem kannst du dein angebautes Gemüse verwenden und dich an den Blumen erfreuen. - Perfekt angepasste Pflanzen:
Auch wenn du in deinem Garten vielleicht keine neuen Sorten züchtest, kannst du durch Selektion doch perfekt an deinen Garten angepasste Pflanzen erhalten.
In jeder Region und in jedem Garten herrscht ein etwas anderes (Klein-) Klima. Indem du gezielt Samen von den gesündesten und ertragreichsten Pflanzen nimmst, vermehrst du die Pflanzen, die am besten in genau deinem Garten wachsen und dort den besten Ertrag bringen können. Von Jahr zu Jahr werden sich durch deine Auswahl diese Eigenschaften weiter durchsetzen. Das ist mit gekauftem Saatgut natürlich nicht möglich. - Geld sparen:
Wenn es auch nicht der wichtigste Grund ist, so ist es doch ein guter Grund für die Vermehrung von eigenem Saatgut: es spart auch Geld, nicht jedes Jahr neues Saatgut kaufen zu müssen.
Außerdem bedeutet Saatgutgewinnung zunächst einmal, dass die Pflanzen blühen dürfen. Über diese zusätzlichen Nahrungsquellen freuen sich natürlich auch die Insekten. Denn, je mehr im Garten blüht, umso reicher ist ihr Tisch gedeckt. Hierbei zeigt sich wieder einmal, dass Gärtnern für dich kein Widerspruch zum Gärtnern mit und für die Natur ist. Vielmehr profitieren beide Seiten von einer nachhaltigen und naturnahen Art des Gärtnerns und Lebens.
Insgesamt ist die Saatgutvermehrung im eigenen Garten der Inbegriff der Kreislaufwirtschaft und eine einfache Möglichkeit, die Kreisläufe der Natur für dich zu nutzen und dabei der Natur auch noch Gutes zu tun. Du kannst den faszinierenden Kreislauf des Lebens im Kleinen miterleben: vom Samen – zur Pflanze – zur Frucht – zum Samen…
WARUM REGIONALES SAATGUT SINNVOLL IST
Von dir selbst gewonnenes Saatgut ist immer auch regionales Saatgut.
Pflanzen, die unter den Bedingungen in deinem Garten besonders gut wachsen, sind an diese Bedingungen vermutlich besonders gut angepasst. Die Eigenschaften, die zu dieser guten Anpassung führen, tragen die Pflanzen in ihrem Erbgut, also in ihrem Samen.
Indem du also Saatgut von deinen gesündesten und ertragreichsten Pflanzen nimmst, gibst du den Pflanzen der nächsten Generation die bestmöglichen Eigenschaften für das Wachstum in deinem Garten mit. Über die Jahre wirst du so Saatgut selektieren, das optimal an das Klima und die Bodenbedingungen in deinem Garten angepasst ist.
Einen ähnlichen Effekt hat es, wenn du regionales Saatgut – beispielsweise von einer Gärtnerei in deiner Nähe – beziehst.
SAATGUT GEWINNEN: SO GEHTS
WANN ERNTET MAN SAATGUT
Um Saatgut zu gewinnen, musst du die Pflanze zunächst blühen lassen. Der genaue Zeitpunkt zur Saatgutgewinnung hängt von der einzelnen Pflanze ab. Ganz allgemein gilt:
- Befinden sich die Samen in der Frucht, wartest du ab, bis die Früchte reif sind und entnimmst sie dann.
- Andere Gemüse (wie Kohl, Salat, etc.) lässt du stehen und wartest ab, bis sie blühen. Nach der Blüte bilden sich Schoten oder Samenstände, die die Samen enthalten. Wenn diese abgetrocknet sind, ist der Zeitpunkt gekommen, die Samen zu entnehmen.
SAATGUTGEWINNUNG VON GEMÜSE
Fruchtgemüse
Bei Gemüse wie Tomaten und Paprika, bei denen dir die Samen schon beim Essen gewissermaßen entgegenkommen, ist das Saatgut sammeln so einfach wie bei den Blumen: Du sammelst die Kerne heraus und lässt sie trocknen.
Bei Tomaten kannst du den „Glibber“, in dem sich die Kerne befinden, auf ein Küchenpapier streichen und sehr gut trocknen lassen.
Zum Säen zerreißt du das Papier, so dass sich auf jedem Stück nur noch ein Kern befindet und pflanzt das Papier einfach mit in die Erde ein.
Oder du feuchtest das Papier an und lässt die Samen in einer Plastiktüte keimen. Die Keimlinge pflanzt du anschließend in Erde aus.
Andere Gemüse
Um das Saatgut von anderen Pflanzen wie Salat, Spinat, Kohl, Wurzelgemüse etc. zu gewinnen, ist ein kleiner Umweg nötig. Du musst die Pflanzen zunächst (ver-) blühen lassen, um anschließend die Samenkapseln zu ernten.
Das Gute daran: es sieht schön aus und die Bienen freuen sich.
Der Nachteil: je nach Gemüse stehen die Pflanzen dafür sehr lange im Beet. Kohl und viele Wurzelgemüse blühen für gewöhnlich erst im zweiten Jahr oder eben ganz am Ende der Saison.
Hülsenfrüchte
Erbsen, Bohnen und andere Hülsenfrüchte machen es dir am aller einfachsten. Hier sind schließlich die Samen das Gemüse. Während du zum Essen die Schoten eher jung und zart ernten willst, lässt du zur Saatgutgewinnung einzelne Schoten ganz ausreifen bis die Schote trocken ist. Anschließend holst du die Bohnen oder Erbsen heraus und lässt auch diese nochmal sehr gut trocknen. Erst dann kannst du sie einpacken, ohne dass sie gefährdet sind zu schimmeln.
Achtung bei Kürbis und Zucchini!
Bei Kürbis und Zucchini ist die Saatgutgewinnung dank der leicht erreichbaren großen Kerne zwar auch super einfach, aber nur bedingt empfehlenswert.
Durch Kreuzungen können in der Nachfolgegeneration Pflanzen entstehen, die sehr hohe Mengen an giftigen Bitterstoffen enthalten.
Besonders bei selbstgezüchteten Exemplaren solltest du also beim Anschneiden erst einmal probieren. Wenn die Schnittfläche bitter schmeckt, nicht essen.
Um solche Fremdbestäubungen zu vermeiden, müsste man die Blüten in Säckchen packen und von Hand bestäuben. Das gilt übrigens ganz allgemein.
Dieser Aufwand lohnt sich aber höchstens, wenn du ganz gezielt bestimmte Sorten züchten oder erhalten willst.
SAATGUT VON BLUMEN
Vor einigen Jahren habe ich zum ersten Mal Blumen gesät und auch gleich Saatgut davon genommen.
Die Samen von Blumen zu sammeln ist wirklich einfach. Sie blühen schließlich sowieso und strecken dir ihre Samenstände entgegen, wenn sie verblüht sind.
Du musst also nur noch warten, bis die Samenstände so trocken sind, dass sich die Samen gut lösen oder aus den Samenkapseln schütteln lassen. Bei Akeleien, Mohn, Sonnenblumen und Ringelblumen beispielsweise ist es besonders einfach.
SAMENFESTES SAATGUT
Eine Sache gibt es beim Sammeln von Samen noch zu beachten.
Damit die Pflanzen aus deinen gesammelten Samen die selben Eigenschaften haben wie die Mutterpflanze, muss es sich um sog. samenfeste Sorten handeln. Diese sind für den Nachbau geeignet, während bei sog. Hybridsaatgut die Eigenschaften der Mutterpflanze verloren gehen.
Einen entsprechenden Hinweis findest du normalerweise auf den Saatguttüten.
Wenn du es genauer wissen willst, lies hier weiter, was es mit den Begriffen „samenfestes“ und „Hybrid“-Saatgut auf sich hat.
WAS TUN MIT DEM EIGENEN SAATGUT
Wenn du dein eigenes Saatgut gesammelt hast, willst du vermutlich auch Pflanzen daraus ziehen. Da gibt es zwei unterschiedliche Ansätze, wie du die Pflanzen vermehren kannst.
- Saatgut sammeln: Pflanzen verblühen lassen und ausgereifte Samen und Samenschoten sammeln, ggf. reinigen und verpacken. Anschließend solltest du die Samen gut verpacken, damit sie ihre Keimfähigkeit bis zur Aussaat nicht verlieren. Tipps zur Saatgutaufbewahrung findest du übrigens hier.
- Selbstaussaat: Pflanzen blühen und versamen lassen (= zulassen, dass sich Saatgut selbst aussät).
Entweder lässt du dazu Pflanzen am Rand des jeweiligen Beetes stehen, so dass die Sämlinge über die Jahre durch die verschiedenen Beete “wandern”. So wachsen die Pflanzen nicht jedes Jahr in den selben Beeten. Das ist insbesondere bei deinem Gemüse sinnvoll, um Schädlingen und Krankheiten vorzubeugen.
Oder du lässt gezielt die gesündesten, kräftigsten Pflanzen blühen und die Sämlinge zunächst an Ort und Stelle wachsen. Im Frühjahr pflanzt du die Jungpflanzen dann dorthin, wo sie weiterwachsen sollen.
Die Selbstaussat hat zwei Vorteile. Zum einen sparst du dir so die Anzucht bzw. die Aussaat. Zum anderen erhältst du so besonders robuste, gesunde Pflanzen.
Ich hoffe, du hast spätestens jetzt auch Lust bekommen, Saatgut von deinen Pflanzen zu gewinnen.